„…für ein paar Tage der Zeitgenosse der Rosen sein. Atmen, was um ihre aufgeblühten Seelen schwebt…“
(R.M.Rilke)
Die älteste Darstellung einer Rose fand man auf Kreta im Palast von Knossos. Sie wird auf ca. 1.600 v.u.Z. geschätzt. In der griechischen Antike bekam die Rose auch ihren Namen „Königin der Blumen“. In vielen Mythen kommt die Rose vor und ist immer als Blume der Liebe bekannt.
Es gibt die Mythe von Cupido, dem Sohn der Venus, der einen Becher Nektar, diesen süßen Trunk der Götter, verschüttet haben soll- und genau an der Stelle wuchs der erste Rosenstrauch! Die minoischen Rosen-Fresken in Knossos liegen nicht zufällig im Herz einer gynozentrischen Hochkultur. Vielleicht ist die Rose deshalb bis heute ‚Königin der Blumen‘! Als stille Botin einer Zeit, in der das Heilige weiblich war – eine Zeit in der Schönheit und Sinnlichkeit mit Weisheit, nicht mit Unterwerfung verbunden wurde.
Die römische Cupido/Venus-Mythe führt tatsächlich auch auf deutlich ältere matriarchale Ursprünge zurück. So zum Beispiel zu der Inanna/Ischtar Mythe (2500 v.u.Z.)
Wenn die Göttin Inanna aus der Unterwelt zurückkehrt, wachsen Rosen aus ihren herabgefallenen Dornenkränzen und Kleidern – es ist das Zeichen der Wiederauferstehung. In Knossos umgeben Rosenranken die „Große Mutter“ Potnia auf Fresken – sie symbolisieren die unzerstörbare Lebenskraft die in Allem liegt.
Archäologen fanden Rosensamen in minoischen Tempeln; sie wurden bei Initiationsriten junger Frauen in die Erde eingesetzt.

Warum die alten matrilinearen Kulturen noch immer relevant sind
Wie viele von euch wissen, beschäftige ich mich seit vielen Jahren mit der Geschichte rund um das Matriarchat, insbesondere mit matrilinearen Kulturen im frühen Europa und den dazugehörigen alten, ursprünglichen Mythen.
Mythen sind und waren immer ein Spiegelbild der menschlichen Realität. Deshalb können wir anhand der alten Mythen viel über die Lebenswirklichkeit der damaligen Menschen erfahren.
Auf meinem Weg, mich mit Matriarchaten und matrilinearen Kuklturen zu beschäftigen, hatte ich das Glück, von großartigen Frauen und Wissenschaftlerinnen zu lernen – unter anderem von Heide Göttner-Abendroth, einer Pionierin auf diesem Gebiet.
„Wie sind wir als Kultur und Gesellschaft zu dem geworden, was wir heute sind?“
Diese Frage war mein Ausgangspunkt. Und ich hätte damals nicht gedacht, dass sie mich so weit zurück in die Geschichte der Menschheit führen würde.
Vielleicht ist die Frage im therapeutischen Kontext nicht ungewöhnlich: Was, wenn ich die Menschheit als Klient vor mir hätte?
Dieses Bild gefiel mir: Die Menschheit kommt als Klient in meine Praxis und sagt: „Hey, ich hab da ein Problem.“
Wenn ich jetzt nur die letzten 2100 Jahre unserer Zeitrechnung betrachten würde, wäre das so, als würde ich meine Klienten fragen, was denn so in den letzten fünf Minuten draußen im Warteraum alles geschehen ist…alles was davor war, interessiert mich nicht!
Das wäre wohl etwas zu kurz gegriffen…;-)

An dieser Stelle liegt es mir besonders am Herzen etwas zu betonen…
(und vielleicht passt das gut, dass ich das heute in den Sommer-Newsletter schreibe, denn der Hoch-Sommer steht symbolisch für den Tanz der Polaritäten)
Patriarchat ist eine Form der Sozialisierung…
…und sie betrifft uns alle!
…und wird auch von allen weitergegeben…
Ich betone das, weil ich immer wieder merke, dass hier die Falle von vereinfachendem Täter-Opfer-Denken lauert und wir sind gut beraten, in diese Falle nicht hineinzutappen!
Das Patriarchat ist nicht als etwas zu verstehen, das die Männer den Frauen antun.
Es ist wichtig, nicht beim vielleicht naheliegenden Schluss stehen zu bleiben, dass Männer automatisch die Täter und Frauen die Opfer sind.“
Es wäre auf einem Weg aus patriarchalen Herrschaftssystemen ein nicht sehr dienlicher Irrweg, wenn nun alle Männer anfingen, sich automatisch und a priori als Täter zu fühlen!
Die Überwindung des Patriarchats dient allen!
…der Gesellschaft, den Männern wie den Frauen, und dient auch der mehr als menschlichen Welt!
Patriarchale Strukturen basieren auf Herrschaftslogik – das macht nicht bei den Menschen halt, sondern dehnt sich auch auf die gesamte Natur aus. Die Rückbindung an matriarchale und egalitäre Prinzipien (Kooperation statt Ausbeutung) würde somit auch Ökosysteme zu Gute kommen. (#Ökofeminismus)
Jetzt ist es so, dass wir Menschen tendenziell eine Vorliebe für monokausale Erklärungen haben!
Doch wenn wir der Frage nachgehen- “wie ist etwas geworden”, wird uns die eine monokausale Erklärung nicht weit bringen, sie wird uns eher in eine Sackgasse führen!

„Manch eine wird, das sage ich, in künftigen Zeiten an uns denken.“
Sappho, griechische Dichtern (ca. 613 – 580 v.u.Z.)
Es ist immer noch Realität, dass wir in einer Welt leben, in der Männer Frauen dominieren, in der Femizide, Unterdrückung und Gewalt an Frauen an der Tagesordnung stehen, wir wohl von einer egalitären Gesellschaftsform noch immer weit entfernt scheinen und gerade und sehr aktuell ist eines der größten Probleme, dass Gewalt und Krieg im Umgang mit Konflikten immer noch als legitime Strategie, mit tausenden von Menschenopfern, gesehen wird !
„Krieg erscheint nur deshalb als Lösung, weil wir militärische Macht über Leben – analog zur männlichen Dominanz über Frauen – als normalisiertes Prinzip verinnerlicht haben.“
Wir wissen, dass eine Folge von Trauma die sogenannte „Abtrennung“ ist. Das ist an dieser Stelle vereinfacht dargestellt, aber alle Formen der Abtrennung, der Spaltung und Trennung in Gut und Böse sind Folge von Trauma.
Transgenerational können diese Erfahrungen weitergegeben werden, sodass sie sich in den Mustern, Überzeugungen und Verhaltensweisen der nachfolgenden Generationen manifestieren. Das bedeutet, dass ungelöste Traumata nicht nur das individuelle Erleben beeinflussen, sondern auch die kollektive Geschichte und das kollektive Bewusstsein prägen.
Im Bezug auf patriarchale Herrschaft ist das nicht unrelevant, denn wir alle dürfen uns immer wieder fragen, wie viel „inneres Patriarchat“ in uns steckt.
Das Wissen um die frühen matrilinearen, egalitären Kulturen kann uns helfen uns zu er-innern.
Denn es hilft uns zu verstehen, dass patriarchale Herrschaftssysteme nicht „vom Grunde auf zum Menschen gehören“, sondern, wenn wir die ganze Menschheitsgeschichte betrachten, eigentlich nur ein „kurzer Ausrutscher“ in der Geschichte der Menschheit ist.
Die Frage ist, ob und wie es uns gelingen kann, an dem Trauma vorbei zu unserem „gesunden Kern“, dem „im Grunde guten Menschen“ vorzudringen. Und von dort aus das Trauma aufzulösen.
Denn ich fürchte, durch die Traumaschichten hindurch können wir uns ohne Ende hindurcharbeiten.

