Der Frauendreißiger und das Binden von Kräuterbuschen

Frauendreißiger- eine besondere Zeit! 

Am 15. August beginnt eine Zeit von 30 Tagen, die als „Frauendreißiger“ bekannt ist. In dieser Zeit gelten die Kräuter als besonders heilkräftig, und es wird gesagt, dass ein besonderer Segen über der Natur liegt.

Es sind heiße, sonnige Tage, in denen die heilenden Wirkstoffe der Pflanzen sich voll entfalten – eine ideale Zeit, um hinauszugehen und zu ernten! Die Pflanzen haben die ganze Sonnenenergie in sich gespeichert und galten bei unseren frühen Vorfahren als besonderes Geschenk der Erdgöttin!

Die Kräuter, die ich jetzt ernte, verwende ich für Tees, Tinkturen, Auszügen, Salben oder für meine sehr geschätzten EssigHonig-Zubereitungen, dem sogenannten Oxymel!

Das Binden von Kräuterbuschen in dieser Zeit hat eine lange Tradition, die ihre Wurzeln ebenso im Göttinnenkult unserer frühen Vorfahren hat. Diese Buschen wurden zum Schnitterinnenfest, auch Lammas oder Lugnasad genannt, gebunden und in gemeinsamen rituellen Handlungen geweiht.

Das Schnitterinnenfest ist eines der acht Jahreskreisfeste im Rad des „magischen Jahres“ und zählt zu den vier Mondfesten. Es wird rund um den Augustvollmond, auch Erntemond genannt, gefeiert und hat heute ein festes Datum am 1. und 2. August. Dieses Fest markiert den Beginn der Erntezeit.

Der 15. August war ein dazugehöriger Festtag und wird als „großer Frauentag“ gefeiert.

Wie so vieles wurde auch diese Tradition von der Kirche übernommen und mit christlichen Bräuchen überlagert.. Die Göttin wurde in der christlichen Version durch die heilige Maria ersetzt, und der 15. August wurde zu Maria Himmelfahrt, an dem die Kräuterbuschen in der Kirche geweiht wurden.

Das Sammeln der Kräuter für den Kräuterbuschen ist wie eine magische Handlung zu sehen. Durch Hingabe und bewusst ausgesprochene Dankbarkeit werden die Kräfte der Pflanzen erhöht.

Hast du schon von den Regeln der „ehrenhaften Ernte“ gehört?

Jetzt, da wir mitten in der Erntezeit sind, ist es sinnvoll und wichtig, sich einige Gedanken darüber zu machen. R. W. Kimmerer beschreibt in ihrem Buch „Braiding Sweetgrass“ anschaulich die ehrenhafte Ernte und ihre grundlegenden Prinzipien.

Es geht im Wesentlichen darum, mit Demut, Dankbarkeit und Respekt gegenüber der Natur nicht nur zu nehmen, sondern auch zu erkennen, was wir zurückgeben können!

R. W. Kimmerer ist als Angehörige der Potawatomi eine Vertreterin von Traditional ecological knowledge .

Sie schreibt, dass die Grundregeln der ehrenhaften Ernte nirgendwo schriftlich festgehalten sind und auch nicht mündlich überliefert werden. Vielmehr sind sie in vielen kleinen Handlungen des Alltags verwoben.

Vielleicht ist es jedoch hilfreich, dass wir Mitteleuropäer von ihr eine Art Auflistung erhalten, die uns als Orientierung dienen kann.

Dies könnte uns helfen, uns an eine spirituelle Praxis im Umgang mit der mehr-als-menschlichen Welt zu erinnern, die einst auch für unsere eigenen frühen und indigenen Vorfahren selbstverständlich war.

„People can´t unterstand the world as a gift, unless

someone shows them how“ (R.W. Kimmerer)

Die ehrenhafte Ernte

  • Wisse um die Lebensweise derer, die für dich sorgen, damit du auch für sie sorgen kannst.
  • Stell Dich vor! Mach dir klar, dass du derjenige bist, der um Leben bittet.

  • Bitte um Erlaubnis, bevor du nimmst. Hör auf die Antwort.

  • Nimm nie das Erste. Nimm nie das Letzte.

  • Nimm nur, was du brauchst.

  • Nimm nur, was dir geschenkt wird.

  • Nimm nie mehr als die Hälfte.

  • Lass etwas für die anderen übrig.

  • Ernte so, dass du möglichst wenig Schaden anrichtest.

  • Nutze es respektvoll.

  • Verschwende nie, was du genommen hast.

  • Teile.

  • Danke für das, was dir geschenkt wurde.

  • Hinterlasse ein Geschenk für das, was du genommen hast.

  • Erhalte die, die dich erhalten, und die Erde wird für immer bleiben.

(Robin Wall Kimmerer, 2021, S214)

Kräuter binden

Nun aber zum Binden des Kräuterbuschens!

Was du dafür benötigst, ist ein Bindfaden aus Naturfasern und die Kräuter deiner Wahl.

Ich binde den Kräuterbuschen so, dass ich ihn zum Räuchern verwenden kann. Daher sollte er lang genug an einem dunklen Ort trocknen.

Bei der Auswahl der Kräuter wird oft eine „magische“ Zahl verwendet, wie 3, 7 oder 9. Ich persönlich nutze für meinen Kräuterbuschen gerne 9 Kräuter (bzw. 8 Kräuter und ein Baumharz).

Die Zahl 9 gilt als Zahl der Vollkommenheit.

Viele kennen sicherlich den Ausdruck „Ach, du grüne Neune“ ; )

Für die Kelten war die 9 eine heilige Zahl, die das gesamte Universum symbolisiert. 9 ist 3×3, wobei 3 als göttliche Zahl gilt (die dreifaltige Muttergöttin: weiß, rot, schwarz).

Bei der Auswahl der Kräuter lasse ich mich meist intuitiv leiten und höre auf ihren Ruf. Es gibt jedoch einige Pflanzen, die immer Teil meines Buschens sind.

Dazu gehört die Königinkerze, die ich stets in die Mitte stelle, sowie die Rose, die für Weiblichkeit und Sinnlichkeit steht. Das Johanniskraut fungiert als Lichtbringerin, und eine Artemisia-Art ist ebenfalls immer dabei.

Artemisia gehört zu den ältesten Ritualpflanzen und symbolisiert für mich die wilde, unabhängige Frauenkraft. Sie ist fast immer in meinen Räuchermischungen enthalten!

Nimm dir Zeit, um während des Erntens eine Verbindung zu den Kräutern herzustellen. Sprich Dankesworte oder Segnungen aus, um die spirituelle Bedeutung zu vertiefen.

Hier eine Auswahl von Kräutern, die du in Deinem Kräuterbuschen verwenden kannst!

  • Königinkerze (verbascum)

warmer honigartiger Duft, sie bildet die Mitte des Kräuterbuschens.

Sie ist eine der Pflanzen der Holle, wird auch Frauenkerze, Frauenkunkel, Marienkerze (eh klar ;-)) oder auch Himmelsbrand genannt

„Geh ich heilend übers Land, 

trage ich den Himmelsbrand

Als goldnes Zepter in der Hand“

Sie wirkt besänftigend, reinigt Aura, baut Spannung ab, und gilt als starke Schutzpflanze

  • Schafgarbe (achillea millefolium)

leichter, feinwürziger Duft

Man räuchert das ganze Kraut, für Leichtigkeit, Wohlbefinden, Balance, Geborgenheit, hilft zu Wahrträumen und klaren Visionen, soll die Selbstheilungskräfte unterstützen

  • Wermut (artemisia absinthium)

Frisch würziger Duft,

Stark reinigend und klärend, bringt Säfte zum fließen, Starker Schutz, „Zauberpflanze“, anregend und euphorisierend, hilft bei Prozessen der Erneuerung, gilt als bewusstseinserweiternd

  • Dost/wilder Oregano (organum vulgare)

Krautig, leicht würziger Duft,

Unterstütz Entspannung, stärkt Nervensystem, gibt uns Mut und Selbstvertrauen

  • Odermenning (agrimonia)

Leicht krautiger Duft,

Alte Heilpflanze Europas

schützt Mensch und Ort vor energetischen Übergriffen

  • Lärche (larix)

Holzig würziger Duft,

Mut-Macher, hilft den eigenen Weg zu finden, verleiht Selbstvertrauen, stärkt Selbstwert

  • Johanniskraut (hypericum perforatum)

Süßer Duft,

schützt Frauen und Kinder, hilft bei Depression, Bewusstseinserweiternd, bringt Licht in dunkle Räume, hilft bei Gefühl von Einsamkeit

  • Rosenblüten (rosa)

Lieblich blumiger Duft

Wirkt ausgleichend, beruhigend, entspannend, erotisierend, für innere Balance,

Wohlbefinden, Liebe, Sinnlichkeit

  • Weissdorn (crataegus)

Krautiger Duft

starker Schutz, stärkt das Herz, harmonisierend, kräftigend

  • Rainfarn (tanacetum vulgare)

Würzig, aromatischer leicht bitterer Duft, stark reinigend (Trennung, Wohnung), atmosphärische Reinigung, positive Raumenergie und Energiefluss, magische Zauberpflanze (Achtung leicht giftig, nicht für Kinder und Schwangere)

  • Fichtenharz (picea)

Harzig, waldiger Duft,

reinigend, erdend, schütz vor „Plagegeistern

Das als eine kleine Auswahl von möglichen Kräutern für deinen Buschen!

Ich lade dich aber ein, dich selbst rufen zu lassen und wähle die Kräuter, die vielleicht gerade für dich wichtig sind!

Natürlich musst du dabei darauf achten, dass du auch beim Räuchern nur solche Kräuter nimmst, die nicht giftig sind. Wenn du eine Pflanze nicht kennst, lass sie lieber stehen oder bestimme sie mit Hilfe eines Bestimmungsbuches!

Jetzt wünsche ich dir noch viel Freude beim Ernten Deiner heilkräftigen Kräuter!

shine your light, spread love, stay wild

Lilian

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