Schwellenzeit der Stille: Die verborgene Kraft der Sperrnächte

Habt ihr schon einmal von den Sperrnächten gehört, jener stillen Zeit, die den bekannteren Rauhnächten vorangeht?

In unserer modernen, oft lauten und rastlosen Welt, die besonders in der Vorweihnachtszeit von Hektik und einem Zuviel geprägt ist, sehnen wir uns nach Momenten des Innehaltens. Wir brauchen eine Zeit des Absinkens, bevor wir uns der Magie des Jahreswechsels hingeben können.

Die Sperrnächte bieten genau diesen Raum – eine Möglichkeit, sich ganz bewusst Inseln der Stille zu schaffen und sich auf das Kommende vorzubereiten.

„Meine Ritual-Arbeit wurzelt im europäischen Medizinrad und der alten Tradition unseres Kontinents, die uns wieder an die hiesige Landschaft anbindet. In diesem Verständnis sind wir nicht von der Landschaft getrennt, sondern ein untrennbarer Teil von ihr. Wir wirken auf sie, so wie sie auf uns wirkt – ein reziprokes Wechselspiel tiefster Verbundenheit. Dabei geht es nicht um neuheidnische Interpretationen wie das Keltentum, sondern um eine ursprüngliche, universelle Verbindung zur Natur, die in den Traditionen vieler europäischer Kulturen verwurzelt ist.“

(Lilian Fritz)

Was es braucht, damit wir uns absinken lassen können

Die Sperrnächte – auch Dunkelnächte genannt – haben ihre Ursprünge im bäuerlichen Jahreslauf, und wie so viele alte Bräuche liegen ihre Anfänge im Nebel der Zeit verborgen; es gibt keine schriftlich fixierten Ursprünge, vielmehr wurden diese Traditionen über Generationen hinweg mündlich weitergegeben. Ihr Name verweist auf einen alten Brauch: Bevor die Wintersonnenwende – die dunkelste Zeit des Jahres – begann, wurden Werkzeuge und landwirtschaftliche Geräte gereinigt, repariert und schließlich „weggeschlossen“. Dies markierte das Ende des Arbeitsjahres im Freien und den Beginn der winterlichen Ruhe für Hof und Familie.

Diese äußere Handlung des Abschließens und Wegsperrens ist ein kraftvolles Symbol für den inneren Prozess, zu dem uns diese Zeit einlädt. Übertragen auf unser seelisches Erleben, laden uns die Sperrnächte ein, innezuhalten, Rückschau zu halten, Essenzen zu bilden und Unerledigtes des alten Jahres zu klären. Belastendes kann in dieser Zeit transformiert, Altes würdevoll verabschiedet werden – wie das Werkzeug, das weggepackt und abgeschlossen wird. Die Sperrnächte sind also eine Zeit, in der das Vergangene nicht nur losgelassen, sondern auch „gesperrt“, abgeschlossen und versiegelt wird. So entsteht ein klarer, stiller Raum in uns, in dem das Alte geordnet und verabschiedet werden kann – eine innere Weite, die uns vorbereitet und empfänglich werden lässt für das, was mit der Wintersonnenwende und den Rauhnächten „neu geboren“ werden möchte.

Ziel ist es, mit leichtem Gepäck und einem geklärten Geist in die Rauhnächte und das neue Jahr zu gehen. In diesem rituellen Raum kann das Alte nicht nur verabschiedet, sondern symbolisch „eingesperrt“ werden – abgeschlossen und versiegelt. So schaffen wir einen reinen, leeren Raum, eine geklärte Stille. Dieser Raum, der mit der Wintersonnenwende in die Zeit der 12 Rauhnächte führt, wird zum Nährboden, in den das Neue geboren werden kann.

Die Sperrnächte, die auch Dunkelnächte genannt werden, tragen auch diesen Namen aus gutem Grund und der reicht wohl noch weiter zurück, bi in die vorargarische Zeit: Fallen die Dunkelnächte doch in die Zeit unmittelbar vor der Wintersonnenwende – dem kürzesten Tag und der längsten Nacht des Jahres, die den tiefsten Punkt im Jahreskreis markieren. An diesem besonderen Wendepunkt kehrt das „neue Licht“ zurück, und die Tage beginnen wieder länger zu werden. Während die Rauhnächte oft als die dunkelste Zeit des Jahres wahrgenommen werden, liegen sie tatsächlich bereits im wiederkehrenden Licht. In den Sperr- und Dunkelnächten hingegen wird es von Tag zu Tag dunkler. Traditionell beginnen diese Nächte am 8. Dezember, genau 13 Tage vor der Wintersonnenwende. Der Überlieferung nach empfängt die Erde an diesem Tag den ersten Impuls der Sonne, um ihr nach 13 Tagen neues Leben zu schenken. Diese uralte Weisheit wird durch den christlichen Kalender überlagert: Der 8. Dezember wurde zu „Mariä Empfängnis“, darunter liegt die Mythe, dass die alte Erdgöttin den neuen Lebenskeim empfängt.

„Licht kommt nicht vom Licht sondern aus der Dunkelheit“ (Mircea Eliade)

Rituale des Übergangs und der inneren Klärung

Rituale verwandeln das bloße In-der-Welt-Sein in ein Zu-Hause-Sein. Sie machen aus der Welt einen verlässlichen Ort, indem sie dem Leben Struktur und Bedeutung verleihen. Die Rituale der Sperrnächte sind vielfältig und zielen allesamt auf Klärung, Abschluss und Transformation ab.

„Doch eine wichtige Unterscheidung müssen wir treffen: nämlich zwischen Ritualen und rituellen Handlungen.

Ein Ritual folgt immer einer tieferen Transformationsbewegung und deren grundlegenden „Gestezmäßigkeiten“. Die zentrale Frage dabei ist: Von wo nach wo gehen wir? Ein Ritual ist keine bloße Aneinanderreihung von verschiedenen rituellen Handlungen, die sich „schick“ anfühlen.

Es ist vielmehr ein bewusster, klarer Prozess, der einem bestimmten Ablauf entlang einer grundlegenden Ordnung folgt!

Hier möchte ich Euch ein paar Ideen für rituelle Handlungen geben die ihr in eurem Alltag einweben könnt.

  • Physisches und seelisches Entrümpeln: Das bewusste Aufräumen und Reinigen unserer Wohnräume kann als kraftvoller äußerer Impuls für die innere, seelische Hygiene dienen. Welchen Ballast – materiell wie emotional – möchte ich noch in diesem Jahr loslassen? Was darf gehen, damit Platz für Neues entsteht?

 

  • Rituelle Handlungen des Loslassens: Eine einfache und oft zitierte Praxis ist es, Gedanken, Gefühle oder Situationen, die uns belasten, auf Zettel zu schreiben und diese dem Feuer zu übergeben. Durch diese Handlung übergeben wir die Energie dem Wandel und lassen sie in einer transformierten Form los. Doch wir müssen dabei auch immer bedenken, dass es diese Handlung allein nicht ist. Sie ist ein Symbol, ein kraftvolles Bild, das uns unterstützt. Doch wahre Transformation erfordert mehr: Es braucht unser bewusstes Ausgerichtetsein, unsere innere Bereitschaft, wirklich loszulassen, und die Zeit, die es braucht, um diesen Prozess zu durchleben. Es ist kein schneller Akt in einer schnellen Zeit, sondern ein tiefes, achtsames Eintauchen in den Wandel, das uns mit uns selbst und der Welt um uns herum verbindet.

 

  • Räuchern zur Reinigung: Das Räuchern mit Kräutern wie Salbei, Beifuß oder Wacholder oder mit heimischen Harzen ist eine uralte Technik, um Räume und die eigene Aura energetisch zu klären. Doch auch hier gilt: Es ist weit mehr als das bloße Schwenken von Rauch oder das schnelle Vertreiben schwerer Energien. Räuchern entfaltet erst dann seine eigentliche Tiefe, wenn wir dem Vorgang mit Achtsamkeit begegnen—mit einer klaren, aufrichtigen Absicht und einer inneren Bereitschaft, das Alte wirklich zu entlassen. Es erfordert einen Raum des Innehaltens: einen bewussten Moment, in dem wir uns mit dem Wesen der Pflanzen verbinden und das Räuchern als Brücke zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem erleben. So entsteht nicht nur äußerlich eine Atmosphäre der Stille und des Friedens, sondern auch eine Öffnung im Innern—ein tieferes Lauschen auf das, was vergeht und auf das, was kommen will.

 

  • Die Stille im Tagebuch finden: Ein Tagebuch wird in dieser Zeit zu einem heiligen Raum. Es lädt uns ein, innezuhalten, Rückschau zu halten und die Essenzen des Jahres herauszufiltern. Hier können wir betrauern, was verloren ging, und dankbar anerkennen, was uns geschenkt wurde. Das Schreiben hilft, die Gedanken zu ordnen und die eigene innere Stimme wieder deutlicher wahrzunehmen. Ich möchte Euch auch an dieser Stelle die „Technik“ des Spurenziehens ans Herz legen. Nehmt Euch eine leere Seite Eures Tagebuchs und einen Lieblingsstift. Lasst Eure Hand mit dem Stift über das Papier tanzen, ohne zu wissen, was „es“ werden soll. Vertraut Eurer Hand und zieht Eure Spur über das Papier, aus dem Raum des Nichtwissens wird etwas…Danach könnt Ihr schauen, was sich zeigt – manchmal entsteht ein Bild, manchmal ist es einfach nur der Ausdruck einer inneren Bewegung, die keine Worte braucht. Wenn Ihr möchtet, könnt Ihr die Spur anschließend „färbeln“: mit farbigen Stiften Flächen ausmalen, erweitern oder ergänzen. Diese spielerische Technik hat eine unglaublich ausgeleichende Wirkung auf unser Nervensystem und kann manchmal wie ein Orakel wirken.


Der Übergang in eine neue Zeit

Die Sperrnächte sind eine Einladung, den äußeren Lärm zu verlassen und in die eigene Mitte zurückzukehren. Der Mensch kann nicht losgelöst von der ihn umgebenden Landschaft gesehen werden. Er ist Teil der Landschaft, in der er lebt, und die Landschaft ist ebenso Teil des darin lebenden Menschen. Wenn die Natur sich zurückzieht und zur Ruhe kommt, ruft sie auch uns dazu auf, es ihr gleichzutun.

Erst wenn wir diesen Raum der Stille durchschritten und das Vergangene gewürdigt haben, sind wir wahrhaft bereit für die kommende Zeit. Die Sperrnächte sind der Schlüssel, der eine Tür hinter uns schließt, damit sich eine neue vor uns öffnen kann. Es ist ein tiefgreifender Akt der Selbstfürsorge, der uns erlaubt, gereinigt und gestärkt in die transformative Magie des Jahreswechsels überzugehen. Sie sind die leise Melodie, die dem kraftvollen Orchester der Rauhnächte vorausgeht – eine Zeit, um ganz bei sich anzukommen.


WinterWeise

ein gehüteter Raum durch die Dunkelnächte

Die Sperrnächte sind eine Einladung, den äußeren Lärm zu verlassen und in die eigene Mitte zurückzukehren. Der Mensch kann nicht losgelöst von der ihn umgebenden Landschaft gesehen werden. Er ist Teil der Landschaft, in der er lebt, und die Landschaft ist ebenso Teil des darin lebenden Menschen. Wenn die Natur sich zurückzieht und zur Ruhe kommt, ruft sie auch uns dazu auf, es ihr gleichzutun.

Erst wenn wir diesen Raum der Stille durchschritten und das Vergangene gewürdigt haben, sind wir wahrhaft bereit für die kommende Zeit. Die Sperrnächte sind der Schlüssel, der eine Tür hinter uns schließt, damit sich eine neue vor uns öffnen kann. Es ist ein tiefgreifender Akt der Selbstfürsorge, der uns erlaubt, gereinigt und gestärkt in die transformative Magie des Jahreswechsels überzugehen. Sie sind die leise Melodie, die dem kraftvollen Orchester der Rauhnächte vorausgeht – eine Zeit, um ganz bei sich anzukommen.

Die WinterWeise lädt Dich ein, gemeinsam mit anderen Frauen in einem geschützten Raum dem absinkenden Rhythmus dieser Zeit nachzuspüren. Im Kreis entsteht ein Ort, an dem wir uns aufgehoben fühlen, in dem jede eingeladen ist, die Bewegung nach innen mitzugehen – fernab vom äußeren Treiben, getragen von Gemeinschaft und Achtsamkeit. Hier darf Stille wachsen, dürfen wir uns vertrauensvoll dem Loslassen, Sammeln und Neuwerden hingeben – jede auf ihre eigene Weise, und doch verbunden im geteilten Raum.

Ich hoffe sehr, dass ich Dir die Sperrnächte und ihre Wirkkraft näher bringen konnte!

Danke fürs Lesen und ich freue mich über Deinen Kommentar hier ein Stück weiter unten!

Stay tuned! : )

 

shine your light, spread love, stay wild

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