Der Ruf des Schamanismus: Heilung in einer Welt der Trennung

Das Prinzip der Reziprozität

Der Mensch kann nicht losgelöst von der ihn umgebenden Landschaft gesehen werden. Er ist Teil der Landschaft, in der er lebt, und die Landschaft ist ebenso Teil des darin lebenden Menschen. In diesem tiefen Verständnis wurzelt eine der ältesten spirituellen Praktiken der Menschheit: der Schamanismus. Er ist keine Religion im herkömmlichen Sinne, sondern ein Weg der direkten Erfahrung, ein Pfad, der uns zurück zur Verbundenheit mit der Natur, dem Kosmos und unserem innersten Wesen führt. Er ist eine Antwort auf die Sehnsucht nach Ganzheit in einer fragmentierten Welt.

Schamanismus ist ein Weg des Wissens, nicht des Glaubens. Er lädt uns ein, die Welt mit anderen Augen zu sehen, die unsichtbaren Fäden zu erkennen, die alles Leben miteinander verweben. In einer Zeit, in der sich viele Menschen von der Natur und sich selbst entfremdet fühlen, bietet dieser uralte Pfad Werkzeuge zur Heilung und zur Wiederaneignung unserer schöpferischen Kraft.

Wurzeln, die bis in die Steinzeit reichen

Die Ursprünge des Schamanismus verlieren sich im Nebel der Vorgeschichte. Archäologische Funde, wie die berühmten Höhlenmalereien von Lascaux, deuten darauf hin, dass schamanische Praktiken bereits vor Zehntausenden von Jahren existierten. Über alle Kontinente hinweg – von den Steppen Sibiriens, wo der Begriff seinen Ursprung hat, über die Weiten Nord- und Südamerikas bis zu den indigenen Kulturen Afrikas und Australiens – entwickelten sich Formen des Schamanismus.

Trotz der enormen geografischen und kulturellen Vielfalt gibt es universelle Kernelemente. Dazu gehört die Vorstellung, dass die sichtbare Welt nur ein Teil einer umfassenderen Realität ist, die von Geistern, Kräften und Wesenheiten bevölkert wird. Der Schamane oder die Schamanin ist ein Mittler zwischen diesen Welten. Durch veränderte Bewusstseinszustände, oft herbeigeführt durch rhythmisches Trommeln, Gesang oder Tanz, reisen sie in die sogenannte „nicht-alltägliche Wirklichkeit“, um Wissen, Kraft und Heilung für ihre Gemeinschaft zu erlangen.

Die Schaman:in als Heiler:in und Seelenführer:in

Im Zentrum der schamanischen Arbeit steht die Heilung. Diese wird jedoch ganzheitlich verstanden und umfasst Körper, Geist und Seele. Krankheit wird oft als ein Zustand des Ungleichgewichts oder des Verlusts von Seelenanteilen betrachtet, verursacht durch Traumata, Stress oder spirituelle Blockaden. Der Schamane reist in die Anderswelt, um diese verlorenen Teile zurückzuholen oder um schädliche Energien zu entfernen.

Diese Heilungsarbeit ist keine passive Behandlung, sondern ein aktiver Prozess der Ermächtigung. Es geht nicht darum, Symptome zu unterdrücken, sondern die Wurzel des Leidens zu finden und die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Der Schamane ist dabei weniger ein Heiler als ein Begleiter, der den Raum für Transformation öffnet. Er oder sie hilft dem Einzelnen, die eigene Verbindung zu den spirituellen Kräften und zur eigenen inneren Weisheit wiederherzustellen.

„Licht kommt nicht vom Licht sondern aus der Dunkelheit“ (Mircea Eliade)

Die Relevanz des Schamanismus in der modernen Welt

Warum findet dieser uralte Weg heute so viel Anklang?

Der moderne Mensch erfährt sich oft als etwas von der Natur Getrenntes. Wir leben in Städten aus Beton und Glas, unser Rhythmus wird von Uhren und Terminen bestimmt, nicht von den Zyklen von Sonne und Mond. Wir können diesen Zustand „Naturvergessenheit“ nennen. Diese Trennung ist eine Quelle tiefen Leidens und führt zu Phänomenen wie Burnout, Depression und einem Gefühl der Sinnlosigkeit.

Hier verspricht die schamanische Arbeit einen Weg der Rückverbindung über eine spirituelle Ebene.

Es ist eine Er-innerung, ein innig werden, mit der ursprünglichen Verbundenheit mit der mehr-als-menschlichen Welt, in die wir als Teil des Großen Ganzen hineingewebt sind. Es lehrt uns, dass wir nicht die Krone der Schöpfung sind, sondern ein Teil, ein Ganzes in einem Ganzen, das wiederum Teil eines noch größeren Ganzen ist.

Diese Wiederverbindung geschieht durch direkte, persönliche Erfahrung. Es geht nicht um das Befolgen starrer Dogmen, sondern um das bewusste Erleben und Erfahren. Schamanische Praktiken laden uns ein, die Welt als beseelt zu erfahren und unsere eigene Lebendigkeit darin zu spüren.


Ein Weg zur inneren Landschaft

Die Verbundenheit mit der natürlichen Welt spiegelt sich in der Verbundenheit zu uns selbst wider. Die Reise in die äußere Natur wird zu einer Reise in unsere innere Landschaft. Schamanische Arbeit bietet uns Werkzeuge, um mit unserer Seele in Dialog zu treten, unsere Träume zu verstehen und unserer Intuition zu vertrauen. Sie ermutigt uns, unsere schöpferische Kraft anzunehmen.

Wir sind als Menschen schöpferische Wesen – es ist unsere Gabe, dass wir gestaltend eingreifen können. Doch es geht darum, dieses Gestalten im Sinne der Vermehrung der Lebendigkeit des großen Ganzen einzusetzen. Wenn wir unsere Kreativität aus dieser tiefen Verbindung heraus fließen lassen, sei es durch Malen, Schreiben, Musizieren etc. schaffen wir nicht nur Kunst – wir schaffen Heilung.

Wir weben uns selbst wieder in das Netz des Lebens ein.


Ein Pfad zur Ganzheit

In einer Welt, die nach Orientierung sucht, erinnert uns der Ruf nach mehr Spiritualität daran: es geht nicht darum, sich von der Welt abzuwenden, sondern darum sich der „wirklichen Wirklichkeit“ hinzuwenden!

Gleichzeitig ist der Umgang mit all den Themen rund um schamanische Praxis immer eine Frage der Achtsamkeit und Verantwortung. Es gilt den Begriff „Schamanismus“ nicht vorschnell für die eigene Arbeit zu beanspruchen. Vielmehr bedarf es eines kritischen und differenzierten Blicks, um die Tiefe und Verantwortung zu würdigen, die damit einhergeht.

Bitte lies dazu meinem Artikel „Schamanismus – ein kritischer Blick“.

Ich hoffe sehr, dass Dich meine Zeilen inspirieren und bewegen!

Danke fürs Lesen und ich freue mich über Deinen Kommentar hier ein Stück weiter unten!

Stay tuned! : )

 

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