Eine Inspiration für Deine Zeit zwischen den Jahren!
Mit der Wintersonnenwende, dem Fest der Wiedergeburt des Lichts, beginnt eine heilige, alles verbindende Zeit – die Geweihten Nächte, auch Rauhnächte genannt. An diesem astronomischen Wendepunkt erleben wir den kürzesten Tag und die längste Nacht. Danach wendet sich das Blatt: Das Licht kehrt zurück, das Tageslicht nimmt wieder zu.
In der tiefsten Dunkelheit liegt der Keim des Lichts geborgen. Diese Wiedergeburt des Lichts wurde von den Menschen seit jeher sehnlich erwartet, denn ohne Licht gibt es kein Leben.
Es ist zugleich die Wiedergeburt des Lebens selbst, was diesem Fest seine besondere Magie und Bedeutung verleiht.
So ist es nicht verwunderlich, dass die Feierlichkeiten von Lichtsymbolik und den Zeichen von Geburt, Wiedergeburt und dem ewigen Kreislauf des Lebens umgeben sind.
Das Wort „Winter“ selbst, das in allen Winterbräuchen anklingt, geht auf die indoeuropäische Wurzel „wind“ zurück, was „weiß“ bedeutet – die weiße Jahreszeit. Die Zeit vor der Sonnenwende ist der Advent, vom lateinischen „adventus“ für Ankunft. Es ist eine wichtige Phase der Vorbereitung auf das Fest der Wiedergeburt des Lichtkindes, eine Praxis, die weitaus älter ist als ihre spätere christliche Deutung auf die Ankunft des Jesuskindes. Die Wurzeln des Wintersonnenwendfestes reichen tief in die Vergangenheit zu Feiern zurück, die Menschen bei Sonnenaufgang an steinzeitlichen Steinkreisen abhielten, um den südöstlichsten Punkt der Sonne zu ehren.
Vom Wintersonnenwendpunkt, der zwischen dem 21. und 23. Dezember liegt, steigt nun die Sonne Tag für Tag ein wenig höher.
Mit der Christianisierung wurden diese alten Bräuche als heidnisch betrachtet, und die Kirchenväter legten die „Geburt Christi“ auf die Nacht vom 24. auf den 25. Dezember. Diese Nacht wurde zur Mettennacht erklärt, der Nacht der Christmesse. Interessanterweise verweist „Mette“ auch auf mythische, spinnende Frauengestalten, die als Schicksalsgöttinnen gelten. Nicht zufällig ist diese Nacht auch als „Mottraneit“, die Mutternacht, überliefert.
Heute nennen wir sie Weihnacht, die geweihte Nacht. In ihr feiern wir das Mysterium der Wiedergeburt des Lebens.
In Nordeuropa heißt das Fest Jul oder Julfest, oder auch Jule, abgeleitet von einem Wort, das „Rad“ bedeutet, denn das Rad des Jahreskreises vollendet sich.
Mit dem 25. Dezember beginnen die zwölf heiligen Nächte, die „Zeit zwischen den Jahren“, die bis zur Nacht vom 5. auf den 6. Januar andauern. Diese zwölf Nächte gleichen die Differenz zwischen dem Mondjahr (354 Tage) und dem Sonnenjahr (365 Tage) aus. Sie galten als eine unsichere, weil aus der Norm fallende Zeit, weshalb man in ihnen räucherte – daher der Name Rauhnächte.
Zugleich waren es Losnächte, in denen Orakel für das kommende Jahr befragt wurden.
Das Besondere an dieser Wende ist also, dass wir mit ihr in einen Raum „hineinfallen“, der wie ein Zwischenraum zwischen Ende und Anfang ist, und uns einladet, das Raunen wahrzunehmen, das von den zukünftigen Möglichkeiten erzählt!
Die Rauhnächte sind wie ein Raum “jenseits von Zeit”,
ein Raum nach dem Ende und vor dem Anfang.
Ein Raum zwischen den Jahren, in dem wir eingeladen sind zu lauschen…
Diese Zeit kennt man seit Alters her als eine Zeit,
in der man das „volle Potential“ raunen hören kann.
Für mich verkörpern die Rauhnächte den Raum der schöpferischen Indifferenz –
alles ist da und alles ist möglich- eben das volle Potential!
Wir sind aufgerufen, in dem Gewahren eines solchen Raumes
nur die radikale Offenheit zu haben,
vom gewohnten Sehen und Verstehen loszulassen und zuzulassen.
Und dann passiert…Co-Kreation!
Denn wir sind eigentlich immer in einem Prozess der Co-Kreation!
Mit der Illusion von „Getrenntheit“
und der damit einhergehenden westlichen Vorstellung
des extremen Individualismus,
haben wir das ein wenig aus den Augen verloren!
Die universelle schöpferische Kraft ist ganz darauf ausgerichtet
mit uns und allen Wesen kreativ zu sein!
Von dort kommend verwirklicht sich das Neue für eine
lebendige Zukunft des Einzelnen und des großen Ganzen!
„Für mich beginnt mir der Wintersonnenwende eine Zeit der Einkehr und Besinnung und Ausrichtung auf das, was kommen wird!
„Mit der Wintersonnenwende beginnen die geweihten Nächte, die Rauhnächte, auch Mutternächte genannt. In der dunkelsten Nacht wird das Licht wiedergeboren!“
Diese Geburt des Lichts geschieht nicht nur am Himmel, sondern auch in den heiligen Höhlen der Erde.
Dort, im symbolischen Schoß von Mutter Erde, wird das Lichtkind wiedergeboren.
Die Erde selbst gebiert die Sonne aus ihrer tiefsten Leibeskraft.
Beide Vorstellungen – die Wiederkehr des Lichts aus der Unterwelt und aus dem nächtlichen Himmelsall – widersprechen sich nicht.
Beide Orte wurden als schöpferischer Mutterschoß betrachtet. So steht die Zeit um Mittwinter dafür, dass die Tore zur Anderswelt offen sind, die Ahnen umherziehen und das Alte erneuert wird.
Ein Mythos erzählt von der Muttergöttin, die das Jahresrad schwingt und spricht: „Aus alt wird jung mit einem Schwung.“ Aus dem Alten wird das Neue wiedergeboren, so erzählen es viele Mythen.
Das Alte muss sterben, damit es sich erneuern kann.
So verjüngt sich auch die alte Wintergöttin in ihre dreifaltige Vollständigkeit: die Weiße, die Rote und die Schwarze.
Ihre Unterwelt ist kein schrecklicher Ort, sondern der „Garten Immergrün“, der die Fortdauer des Lebens selbst im Winter symbolisiert.
Sie ist die ursprüngliche Gabenbringerin, und ihre Geschenke sind magischer Segen aus der Anderswelt.
Nach altem Glauben kommen von dort alle Weisheit, Magie und Güte. So zeigt die Göttin in diesen Tagen zwei Gesichter: das der schwarzen Göttin des Winters und das des strahlenden, jungen Mädchens, der weißen Göttin. Darauf gehen auch Bräuche wie die der Perchten zurück, die Frau Berchta mit ihren zwei Gesichtern.
Ihr Name leitet sich vom althochdeutschen „beraht“ ab, was „die Glänzende, Strahlende“ bedeutet. Manchmal trägt sie einen Rückenkorb, der in seiner Form an einen Uterus erinnert – den Schoß, in dem sie die ungeborenen Kinderseelen birgt.

Meine Großmutter hat mir als Kind einige ihrer alten Bräuchen gezeigt, die schon ihre Großmutter ihr gezeigt hatte. Es war diese Art von “Zeigen”, die uns einfach teilhaben lässt an etwas, dass wie „ganz normal“ in den Alltag eingewebt wurde! Meine Großmutter machte da nie viel “tamtam” drumherum.
Sie räucherte mal hier mal da und “zauberte” mit genau der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der sie auch Zwiebel schnitt oder den Knoblauch auf ihr Butterbrot legte!
So habe ich das Räuchern und das Orakeln und das “Wünschen” auf eine ganz spezielle Weise erleben dürfen und schon als Kind meine Erfahrungen mit den Raunächten gemacht.

Nun kann auch ich mit meinen eigenen Kindern die alten Rituale meiner Großmutter in diese magische Zeit, die nun kommt einweben.
Manches habe ich genau so wie ich es bei ihr gesehen habe beibehalten, manches habe ich für uns adaptiert, so dass es sich stimmig in unsere heutige Zeit fügt.
Bräuche, wenn wir sie übernehmen, sollen in der Umsetzung lebendig bleiben, so das wir verstehen und fühlen, warum wir diesen oder jenen Brauch machen und was das, im Eingebettet sein in ein großes Ganzes unter dem Mantel von Mutter Natur, über unser Menschsein erzählt.
Wenn wir sie unhinterfragt übernehmen, mit all den Ueberlagerungen, die da leider oft schon darüber liegen, werden sie allzu starr und allzu dogmatisch, können nicht mehr „erfühlt“ werden und dienen vielleicht letztlich nur mehr dem Selbstzweck!
Rituale sind wunderschöne und für mich sehr wichtige Haltegriffe und immer eine wichtige Anbindung an den größeren Raum.
Die Bräuche der Rauhnächte sind vielfältigst
und deren Ursprung geht weit bis in die vorchristliche Zeit zurück.
In unserer Gegend gab es die Mythe von der Frau Holle.
Die meisten kennen nur das Märchen, das die Grimmbrüder aufgeschrieben haben und die wenigsten wissen, dass hinter dem Namen Holle ein ganz eigener Mythos verborgen liegt!
Göttin Holle repräsentiert Mutter Erde und die schöpferisch mütterliche Kraft.
Sie ist die Mutter aller Seelen.
Die Holle zieht in den geweihten Nächten mit ihren Heimchen,
den Ahnenseelen, die wiedergeboren werden,
durch die Nacht und die Menschen stellten Gaben nach draußen.
Sehen durfte man sie allerdings nicht!
Wagenräder, Spinnräder und Mühlräder,
ja alle Räder mussten in dieser Zeit still stehen.
Die Arbeit sollte ruhen in diesen geweihten Nächten!
Man sollte keine Wäsche waschen und sie schon gar nicht aufhängen.
Zu diesen Zeiten war Wäsche waschen mit sehr viel Aufwand und Zeit verbunden. Umgelegt auf die heutige Zeit, finde ich es zum Beispiel auch sehr stimmig, wenn wir diese Zeit als eine „digital-detox Zeit“ nehmen. Denn das ist es, was die Herausforderung der Menschen heute darstellt und oft sehr, sehr viel unserer Zeit verbraucht! Das zunehmende Interesse an den Rauhnächten und den Bräuchen erzählt uns vielleicht von einer Sehnsucht und einer Rückbesinnung auf ein sich wieder eingebettet fühlen in den großen natürlichen Kreislauf. Gleichzeitig sind viele Rituale eine Brücke zu unseren Vorfahren und somit stärkt es unsere Wurzeln.
Die 12 Rauhnächte beginnen mit oder nach der Wintersonnenwende und enden mit dem 6.Jänner!
Zu meinen täglichen Ritualen gehören: Räuchern, Orakeln, Spuren ziehen, Zeichen setzen, Wortezauber, Geschichtenlauschen, Waldstreifzüge, Schwellengänge, Stillezeit- für mich allein…

Ich vergleiche ein Ritual gerne mit einem schönen Gefäß.
Ich gebe einem Ritual einen Anfang, fülle es und gebe ihm auch wieder ein bewusstes Ende. Das kann zum Beispiel das Entzünden und Löschen meiner Kerze sein oder ein Lied oder etwas ähnliches.
In meiner Erfahrung ist der klare Rahmen eines Rituals mit Anfang und Ende sehr wichtig! Mit einem Ritual binde ich mich immer an etwas Größeres an, es ist wie ein Gebet.
So unterscheidet sich ein Ritual auch von einer Gewohnheit!
Zähneputzen wird beispielsweise in unserem Sprachgebrauch oft als “Morgenritual” benannt, obwohl es eher eine Gewohnheit als in Ritual ist.
Kaum jemand bindet sich beim Zähneputzen an das große Ganze an, das uns alle verbinde! ; )
An dieser Stelle möchte ich auch noch etwas Wichtiges vorne weg anmerken:
Mach Dir in den Rauhnächten auf keinen Fall selbst Druck.
Oft genug bemühen wir uns im Alltag alles perfekt zu machen und
arbeiten ständig to-do Listen ab!
Auf keinen Fall sollen sich Deine Rauhnachtsrituale anfühlen,
wie to-do-Listen!
Sie sind auch auf keinen Fall ein Tool zur Selbstoptimierung!

Mit dem 6. Januar, dem Holletag, schließen sich die Tore zur Anderswelt wieder.
Man hört in den dazugehörigen Mythen die dreifaltige Göttin als die Weiße, die Rote und die Schwarze von Tür zu Tür gehen ihren Segen bringen. Diese Frauendreiheit ist auch als die drei Beten bekannt: Borbet (die Weiße), Wilbet (die Rote) und Ambet (die Schwarze).
Mit der Christianisierung wurden sie erst zu frommen Jungfrauen und später zu den drei heiligen Märtyrerinnen Barbara, Katharina und Margareta umgedeutet. Doch ihre Attribute verraten ihre Herkunft: Barbara mit dem Turm (Himmelswarte) als die Weiße, Katharina mit dem Rad (Jahreskreis) als die Rote, und Margareta mit dem Drachen (Tier der Unterwelt) als die Schwarze.
Im letzten Schritt der Umformung wurde aus der göttlichen Frauendreiheit die männliche Dreifaltigkeit der Heiligen Drei Könige, die nun das Fest der Erscheinung besetzen.
Doch ihre Initialen C, M, B Caspar, Melchior und Balthasar – erinnern auffallend an Katharina, Margareta und Barbara. Auch die drei Göttinnenfarben wurden beibehalten: ein Greis mit weißem Bart, ein rothaariger Mann und ein schwarzer König.
Welch eine Verdrehung!
So erinnert uns Mittwinter daran, dass alles im Leben einem ewigen Kreislauf von Werden, Vergehen und Wiederkehr unterliegt.
In der tiefsten Dunkelheit reift das Licht heran, bereit, neues Leben und Hoffnung zu schenken.
Die uralten Geschichten verweben sich mit unseren heutigen Bräuchen und lassen uns spüren: Die Kraft der Erneuerung, die Sehnsucht nach Verbindung und das Leuchten der Hoffnung sind zeitlose Begleiter auf unserem Weg durch das Jahresrad.
